Die Herkunft dieses Post-It Zettels ist mir unbekannt. Trotzdem versuche ich einfach mal ohne Kontext, einige Umstände zu rekonstruieren.
Zunächst können wir eine recht asymmetrische Beziehung zwischen Sender und Empfänger feststellen. Während die Empfängerin mit Frau Tippel angesprochen wird, verabschiedet sich die Senderin mit ihrem Vornamen: Anja.
Es kann natürlich sein, dass Anja Frau Tippel mit dieser Botschaft das „Du“ anbietet. Oder dass es eine ganz neue Anredevariante ist – zuzüglich zum Hamburger-Sie (Gerda, können sie mal kommen …) und dem Münchner-Du (Frau Müller, kannst du mal kommen…). Aber das glaube ich jetzt einfach mal nicht.
Dagegen spricht die große Unsicherheit, die Anja gegenüber Frau Tippel ausdrückt.
Sie bedankt sich für irgendetwas. Und sie scheint etwas getan zu haben, das möglicherweise Unzufriedenheit bei Frau Tippel auslösen könnte. Ich weiß zwar nicht, was es war, aber Anja weiß genau, dass sie das Thema lieber im Vorfeld anspricht.
Sie handelt nach dem Motto: „Vorsicht ist besser als Nachsicht. Und bei Frau Tippel kann man nicht vorsichtig genug sein.“
Anjas Schrift ist mit einer Mischung aus Druck- und Schreibschrift, sehr gut zu lesen. Man erkennt eine ausgeprägte Ordnungsaffinität. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Wohnung von Anja ausgesprochen sauber ist. Vielleicht hat sie auch eine Ecke, in der der einige Kuscheltiere liegen. Von meinem Bauchgefühl her kann das auf jeden Fall gut passen.
Insgesamt kommt es mir so vor, als ob Anja eine Auszubildende ist und Frau Tippel ihre Chefin. Und irgendwie weiß Anja genau, dass sie ihre Aufgabe dieses Mal nicht gut genug erledigt hat. Zumindest in den Augen von Frau Tippel. Ob ich Frau Tippel jetzt sympathisch einschätze oder nicht, kann ich nicht sagen. Das steht auf einem anderen Blatt Papier, das ich bisher noch nicht gefunden habe.